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INSIGHTS & REFLECTIONS

Neue Arbeitswelten I Hineingedacht

PASSIVE AGGRESSION

EIN VÖLLIG UNTERSCHÄTZTE EFFIZIENZ- UND BEZIEHUNGSKILLER

Wir sind alle so nett zueinander. Es gibt Leute, die sabotieren Pläne, ignorieren Absprachen und lächeln einem dabei ins Gesicht. Sie geben sich kooperativ, nur um den anderen dann einfach auflaufen zu lassen.

Ein Beispiel: Die Chefin hat die Mitarbeiterin gebeten, eine xls Sheet zu bearbeiten – Die Mitarbeiterin wollte das zu gerne für die Chefin erledigen, aber dann kam ausgerechnet ein Rohrbruch dazwischen. Statt der Vorgesetzten offen zu sagen, dass sie gerade in Arbeit versinkt, wählen passiv-aggressive Menschen eine subtilere Strategie.

Meist bekommt man solche Menschen nicht zu fassen. Konfrontiert man sie mit ihren Taten, können sie sich leicht herauswinden: »Ich weiß gar nicht, was du meinst.« »War doch gar keine Absicht.« »Du bist aber empfindlich!« »Dass du mir so etwas überhaupt unterstellst!« Der Passiv-Aggressive dreht den Spiess geschickt um. Das eigentliche Opfer steht auf einmal selbst als Provokateur da.

Diese Haltung ist mittlerweile ein grosses und sehr tabuisiertes Problem in neuen Arbeitswelten. Da wir alle versuchen in einer homogenen und «verwoketen» Welt zu leben, in der wir weder evolutionsbiologisch angreifen noch flüchten können, haben andere, verstecktere Möglichkeiten gefunden. Passive Aggression ist ein massiver Angriff, nur viel subtiler.

Es war ein Militärpsychiater im Zweiten Weltkrieg, der den Begriff vom passiv-aggressiven Verhalten erfand: Colonel Menninger beobachtete, dass sich einige Soldaten gegen die rigide Bevormundung wehrten, indem sie vorgaben, Befehle nicht zu verstehen oder vergessen zu haben, sarkastische Bemerkungen fallenliessen, Vorgesetzte hinter ihrem Rücken schlechtmachten, sich ständig ungerecht behandelt fühlten. Menninger sah darin eine Reaktion der Unreife, die er passiv-aggressives Verhalten nannte.

Rainer Sachse, Professor für klinische Psychologie drückt es so aus: «Passive Aggressivität vergiftet Beziehungen.» Wie erkennen Sie dieses destruktive Verhalten? Hier einige Beispiele:
Pseudohumor: ein verletzender Satz wie ein Messer, anschließend ein Grinsen und der Kommentar: „Nur Spass!“ Sich dumm stellen: „Ach, hatten wir das wirklich besprochen?“ Versprechungen aufschieben; alles verhindern, was notwendig wäre, damit der andere einen Erfolg hat, sich freut oder zufrieden ist. Ständiger Klatsch oder Gerüchte verbreiten. Schweigen, um andere zu bestrafen oder ihnen ein Gefühl von Unsicherheit zu vermitteln. Die Schuld auf den anderen schieben – weil der ihn nicht mehr an einen Termin erinnert habe, weil er Dinge anders dargestellt habe …

Passiv aggressives Verhalten ist gerade in modernen, offenen und transparenten Arbeitswelten ein ernstzunehmendes Problem geworden und führt nicht selten zu Depression oder Burnout und zwar schicksalhafterweise bei beiden Beteiligten. Es ist wichtig mit einem sensiblen Ohr und einem wachen Verstand Situation bewerten zu können, um diese Verhaltensmuster rechtzeitig zu erkennen. Sie müssen nicht jedes Wort auf die Waagschale legen aber eine gewisse «awareness» ist nützlich. Also hören Sie rein und horchen Sie auf …